Als uns die Geschenkwunschliste endlich erreichte, waren sämtliche Wünsche bereits reserviert und abgehakt. Die Hochzeit meiner Freundin ist bereits in vier Tagen und Küchenmaschine, Entsafter und Espressotassen haben schon andere besorgt, wie auch die restlichen ca. 30 Geschenke. Das Hochzeitspaar wünschte sich etliche Haushalts- oder Gartenhelfer, mit Dekorationsartikeln konnte man ihnen offenbar keine Freude machen. Diese könnten eventuell nicht ihren Geschmack treffen.
Keine Ideen
Krisenstimmung brach zwei Tage vor dem Ereignis der Vermählung bei uns aus. Keiner hatte sich tiefer gehend mit dem Problem eines Mitbringsels beschäftigt, weder durch einen passenden Kauf, noch mit einer guten Idee. So schoben wir nach abendlicher ergebnisloser Diskussion dessen Klärung auf den letztmöglichen Einkaufstag vor der Hochzeit. Geld wäre zwar eine Möglichkeit, die wir jedoch weit von uns wiesen. Etwas so Profanes schenkt man nicht zu einem solchen Tag. Außerdem werfe ein schnöder Umschlag auf dem Hochzeitstisch gelegt, ein schlechtes Bild auf den Schenkenden. Aber das würde ja keiner sehen, gab mein Mann zu bedenken. Aber sicher, das fiele schon bei der Begrüßung der Gäste auf, wenn man nur mit einem schmalen Kuvert ausgerüstet willkommen geheißen werde. Dann packen wir es eben in einen voluminösen Blumenstrauß. Das war zwar eine Option, aber noch immer viel zu offensichtlich ideenlos. Also liefen wir gemeinsam durch die Fußgängerzone und wurden uns keineswegs einiger.
Wenn einer alles hat
Proppenvoll und ungewöhnlich heiß war dieser Brückenfreitag. Man sollte meinen, mitten im Juni erinnere sich der Verbraucher daran, dass ihm sämtliches Inventar verloren gegangen ist oder man dieses komplett erneuern müsste. Dass Lebensmittelmärkte häufig an diesem besonderen Einkaufstag überfüllt waren, ist bekannt, nicht aber, dass ein kollektiver Run auf Elektrogeräte, Geschenkartikel und Haushaltswaren stattfindet. In die ersten Geschäfte zwängten wir uns durch Gänge an die Warenträger, stets kampfbereit und mit gutem Willen. Entweder torpedierte die immer wieder gezückte Wunschliste unsere Einfälle oder das zur Schau gestellte war zu innovativ und zu absurd. Einen Grill als stilisierter Balkonblumenkasten war ebenso abwegig wie ein hochmodernes Duschradio oder eine Popcornmaschine. Unsere Geduld war quasi am Ende, als uns eine überraschende Dekoration in einem Schaufenster haltmachen ließ. Bunte Schachteln mit einem Schlitz versehen, in verschiedenen Größen und in der Form eines Briefkastens wurden dort ausgestellt. Als Anregung blitzten Geldscheine nebst Grußkarten aus den halb geöffneten Boxen heraus.
Zur Freude der Anderen
Stolz hielt ich das mit Perlen und Satinschleife verzierte Geschenkästchen in der Hand, als uns das Hochzeitspaar und dessen Eltern begrüßten. Eine ganze Schar der anwesenden Gäste schielten auf unsere Zauberbox. Innen liegend verbarg sich ein kleinerer Betrag in einem geschmackvollen Umschlag. Neugierig wurde unser Präsent inspiziert. Zahlreiche Gäste, die sich verspätete hatten, huschten zum Hochzeitstisch und schienen erfreut darüber zu sein, ob der guten Idee der Gastgeber, welche ihnen augenscheinlich eine passende Ablagemöglichkeit für ihre Glückwunschkarten und monetären Geschenken anbot. Nun begriffen wir erst, dass wir den Jungverheirateten eine doppelte Freude gemacht hatten. |